Digitale PR
Clickbait – Klicken um jeden Preis
„Unglaublich! Dieser einfache Trick schützt Ihren PC kostenlos!“ Ein verheißungsvolles Versprechen, versehen mit einem alarmierenden Bild – und dahinter nur ein einziges Ziel: Den Nutzer zu ködern und an die Angel zu bekommen. Er soll auf den Beitrag klicken, die Zugriffszahlen erhöhen, und so letztlich das Werbebudget steigern. Beliebte Stilmittel sind beispielsweise Aufzählungen (10 erschreckende Fakten über…) oder Fragen (Erwartet XYZ Kind Nummer 2?) Hochwertiger Content verbirgt sich hinter solchen manipulativen Headlines so gut wie nie. Auf das dramatische Versprechen folgt meist die herbe Enttäuschung. Ein Schaden für den Leser entsteht durch die Clickbait-Praxis in der Regel nicht, wenn man vom Lebenszeitverlust absieht, für Medien hingegen schon.
Journalistisches Storytelling
Gutes Teasering, also wie man einen Leser dazu bringt, einen Artikel auch zu lesen, gehörte laut Medienblogger Karsten Lohmeyer schon immer zum professionellen Handwerkszeug von Medienmachern. Eine gute Head ist Teil des klassischen, journalistischen Storytellings (hier von uns angerissen) und auch eine Methode in der PR. Jeder Autor will mit seinen Texten möglichst viele Leser erreichen. Eine Story so anzuteasern, dass sie auch in sozialen Medien fleißig geteilt wird, ist per se also nicht verwerflich. Worin genau liegt der Unterschied zwischen einer guten Headline und Clickbaiting?
Clickbait – in etwa: mit Klicks ködern – verspricht Dinge, die nicht eingehalten werden können. Ein Beispiel? Ein Autor schreibt über die gesundheitsfördernden Kräfte von Äpfeln. Eine denkbare rationale Überschrift wäre in diesem Fall: „Äpfel – Die Vorteile für Ihre Gesundheit“. Im Artikel selbst stellt der Autor dann die vorteilhaften Wirkungen von Äpfeln anhand diverser Studienergebnisse vor – originell geschrieben und mit hoffentlich mehr Informationswert, als man ihn auf Wikipedia finden kann. Die Überschrift und der Inhalt des Artikels stimmen also überein. Den Artikel würden allerdings nur solche Personen anklicken, die auch aktiv auf der Suche nach entsprechenden Informationen sind. Mit Clickbait müsste die Überschrift so umformuliert werden, dass möglichst viele Personen den Artikel anklicken, weil ihre Neugierde geweckt wird. Eine Beispiel wäre: „Die 5 geheimen Heilkräfte von Äpfeln. Nummer 4 wird dein Leben verändern!“ Im Artikel selbst werden dann nur belanglose Auszüge aus dem Internet mit einigen redaktionellen Textfetzen garniert. Die Überschrift hält nicht, was dann als Inhalt folgt. Er ist langweilig, inhaltlich flach und banal. Der Leser fühlt sich hereingelegt, wird die Webseite rasch wieder verlassen und hoffentlich nie mehr wieder kehren. Damit hat das Portal allerdings sein Ziel schon erreicht. Viele Klicks von neugierigen Lesern. Seriöse Portale wissen, dass sie so keine Stammleser gewinnen.
Huffington Post und ihr Ende
Es gibt allerdings auch in seriösen Redaktionen den Spruch „Das klickt nicht!“ und wenn Klicks und Leserzahlen sinken, erliegen Nachrichtenwebsites regelmäßig der Clickbait-Versuchung. Das Beispiel der Huffington Post zeigt allerdings, warum Clickbait für „seriöse“ Medien der Anfang vom Ende ist: 2013 als liberale „Informations- und Diskussionsplattform“ gestartet, wurde die Huffington Post Deutschland zum 31. März 2019 wegen wirtschaftlicher Erfolglosigkeit eingestellt. Schlagzeilen wie „Frauen rochen an diesem Pilz – und bekamen sofort einen Orgasmus“ waren zwar (glücklicherweise!) kein Mainstream, aber eben einfach Bullshit. Auf diese zweifelhafte Art und Weise bereitete eine promovierte Redakteurin der „Huff Post“ eine 15 (!) Jahre alte Studie auf – offensichtlich geriet dabei allerdings in Vergessenheit, dass die Huffington Post selbst bereits vor Jahren über diese Studie berichtet und diese für fragwürdig befunden hatte.
Clickbait vernichtet die Glaubwürdigkeit
Auch FOCUS Online, laut Statista Nummer 2 der deutschen Nachrichtenseiten, scheint dem Reiz des schnellen Klicks erlegen zu sein. Seit 2015 konstant auf der Gewinnerseite, konnte sich FOCUS Online bei der Reichweite sogar vor Bild.de schieben. Wie das gelang? Mit einer Mischung aus schamlosem Clickbait und unzähligen Social-Media-Kanälen, davon alleine 24 (!) auf Facebook, auf denen Inhalte ständig mit neuen Überschriften wieder verwertet werden. Teilweise wird eine „News“ monatelang immer wieder leicht abgewandelt veröffentlicht. „Fakten, Fakten, Fakten – Und an die Leser denken!“, neu interpretiert für das 21. Jahrhundert. Die Frage ist, wie lange diese Strategie noch gut geht. In Zeiten von Fake News könnte dies unverhufft auch enden.
Titelbild von Mael BALLAND on Unsplash / Screenshot aus dem Bildblog