Digitale PR

Clubhouse – Sinnvolles Kommunikationstool oder kurzfristiger Hype?

Written by Sandra Geißer

16 März 2021

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„Bist du eingeladen? Nein? Ok … kennst du dann vielleicht jemanden der mir einen Invite schicken kann?“ – so oder so ähnlich liefen wohl einige Gespräche in Deutschland ab, als Anfang Januar eine neue App die Download Charts im App Store hinaufkletterte. Die Rede ist von Clubhouse, einer interaktiven Audio-App, die seit einigen Wochen die deutschen Medien und Kommunikationsbranche fesselt.

Was ist Clubhouse eigentlich?

Der Anbieter hinter Clubhouse, Alpha Exploration Salt Lake City, definiert die virale App dabei als „eine neue Art von sozialem Dienst, der auf Sprache basiert und es Menschen überall auf der Welt ermöglicht, sich zu unterhalten, Geschichten zu erzählen, Ideen zu entwickeln, Freundschaften zu vertiefen und interessante neue Leute zu treffen”. Die Anwendung erlaubt es den Nutzern dabei sogenannte „Räume“ zu erstellen, in denen Gesprächen wie bei einem Live-Podcast zugehört werden können und sich eben auch aktiv an Diskussionen beteiligt werden kann. Clubhouse ist dabei „audio-only“ – Video, Kommentare und Likes sucht man hier vergeblich.  Damit reiht sich die virale App in den auditiven Trend ein, der zum Beispiel mit  Podcasts und Interactive-Voice-Response seit einiger Zeit die Medienlandschaft prägt.

Der Hype um Clubhouse

Doch woher kommt eigentlich dieser Hype, den wir seit Anfang des Jahres sehen? Das lässt sich überraschend einfach zusammenfassen: künstliche Verknappung und etwas Glück. So wird die App bislang exklusiv für iOS Nutzerinnen und Nutzer angeboten und schließt damit alle mit einem Android Gerät aus. Doch damit nicht genug: Selbst iPhone-Nutzer, die die Audio-App bereits installiert haben, kommen nicht weit ohne den magischen „Invite“. Gemeint ist damit eine Einladung, die nur durch einen bereits registrierten User vergeben werden kann. Diese aktiven Nutzer können jedoch nur jeweils zwei Einladungen an ihre Telefonkontakte versenden – Exklusivität vorprogrammiert. Gleichzeitig hatte Clubhouse auch etwas Glück, denn mit seinem interaktiven Format traf es Anfang Januar beim vom Lockdown nach Austausch ausgehungerten Publikum genau ins Schwarze. Ein typischer Fall von zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Bedenken: Partizipationsausschluss und Datenschutz

„Fear of Missing out“ oder zu Deutsch: die Angst etwas zu verpassen, wird bei Clubhouse gezielt eingesetzt, um die Begehrtheit der App zu steigern. Die Folgen: Zum Höhepunkt des Interesses wurden Einladungen auf ebay für teils horrende Preise gehandelt. Kritiker der App bemängeln dieses Vorgehen und befürchten durch das Einladungsprinzip und dem „audio-only“ Format einen Ausschluss von bestimmten Gruppen an der Partizipation. Auch kritisieren viele Datenschützer die Methode, mit der sich Clubhouse Zugriff auf persönlichen Daten verschafft. Um Einladungen verschicken zu können, willigt der Nutzer dem Zugriff auf alle Einträge im Adressbuch ein, ohne dass die betroffenen Kontakte davon wissen. Neben diesen datenschutzrechtlichen Bedenken warnt z.B. Kaspersky auch vor möglichen Gefahren durch gefälschte Invites und Erpressungsversuchen durch unerlaubte Gesprächsaufnahmen.

Clubhouse als Kommunikationstool

Diese Bedenken hindern jedoch nur wenige an der Nutzung der App. Besonders in der deutschen Kommunikationsbranche scheint es seit Wochen kein heißeres Thema als Clubhouse zu geben. Agenturen und Verlage springen auf den Zug auf und in der Timeline von LinkedIn reiht sich eine Clubhouse Veranstaltung an die nächste. „Komm zu uns ins Clubhouse und rede mit uns“ scheint das neue Credo zu sein – doch kann das auch als PR-Tool funktionieren?

Clubhouse ist sicherlich ein interessanter und vor allem neuer Weg einfach und schnell eine Diskussion anzustoßen. Durch die einfache technische Bedienung können ohne größere Vorlaufzeit aktuelle Themen behandelt werden und die Interaktion mit dem Publikum verspricht Insight und neue Ideen. Das ist vor allem für die schnelllebige Digital- und Kommunikationsbranche spannend. Auch als Event-Format kann Clubhouse eine Alternative zu Video- und Online-Panels darstellen. In der politischen Kommunikation bietet die App eine digitale Möglichkeit mit den Wählern in Kontakt zu treten und deren Nähe zu suchen. Hier sollte jedoch, ähnlich wie bei Interviews, eine gewisse Vorbereitung des politischen Gesprächspartners stattfinden, sonst kann es zu PR-Pannen (wie beispielsweise bei Bodo Ramelow) kommen.

Zukunft von Clubhouse: Eintagsfliege oder langfristig Teil der Kommunikationsstrategie?

Ob Clubhouse wirklich sinnvoll für eine nachhaltige Kommunikationsstrategie funktioniert werden erst die kommenden Monate zeigen, aber bereits nach wenigen Wochen Nutzung lässt sich ein Trend ablesen: So ergab eine Studie von Prof. Tobias Kollmann von der Universität Duisburg-Essen und Civey, dass die Bekanntheit der App seit Anfang Februar stagniert und mit aktuell rund vier Prozent der Bevölkerung nur einen sehr kleinen Nutzerkreis anspricht. Rund 47 Prozent nutzen die App nur selten oder sogar nie seitdem sie installiert wurde. Nur ein Zehntel nutzt sie mehrmals täglich.  Auch die angepriesene Interaktion lässt zu wünschen übrig: gut 40 Prozent der Zuhörer bleibt passiv und meldet sich nie zu Wort, lediglich jeder Sechste diskutiert mit.

Ist Clubhouse also mehr Hype als Substanz? Wenn man nach den Zahlen geht wohl ja, allerdings können Apps weiterentwickelt werden und mit einer zukünftigen Öffnung auch für Android User, könnte ein deutlich größerer Marktanteil erreicht werden. Kommunikations- und Medienprofis sollten Clubhouse deswegen auch weiterhin als Kommunikationskanal für Marken und Unternehmen im Blick behalten – das letzte Wort ist hier nämlich noch nicht gesprochen.

Titelbild:  Erin Kwon on Unsplash