Agenturleben
Gendergerechte Sprache in der Unternehmenskommunikation
Das Bewusstsein für Themen wie Chancengerechtigkeit, Diversität und Inklusion gewinnt immer mehr an Wichtigkeit in der Gesellschaft. Dazu gehört auch die Verwendung geschlechtergerechter oder gendergerechter Sprache – auch „gendern“ genannt. Das Bedürfnis, Vielfalt sprachlich sichtbar zu machen, wächst. Gerade die jüngeren Generationen legen Wert auf eine inklusive, gendergerechte Sprache und halten diese inzwischen auch für selbstverständlich. Die Verwendung gendergerechter Sprache ist ein erster Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung. Denn wie soll ein fairer Umgang in der Wirklichkeit gelingen, wenn dabei die Welt der sprachlichen Zeichen nicht einbezogen wird?
Jedoch wird noch sehr oft auf das generische Maskulinum zurückgegriffen, da häufig die Meinung vertreten wird, dass gendergerechte Sprache überflüssig ist und stört. Frauen und nicht-binäre Personen werden in vielen sozialen und beruflichen Diskursen somit unsichtbar. Aktuell ist es daher sicherlich noch kein Mainstream, sondern ein Statement, wenn ein Unternehmen Vielfalt sprachlich sichtbar macht.
Gendergerechte Sprache als Teil der Corporate Language
Unternehmen sollten sich im Rahmen der Corporate Language mit gendergerechter Sprache auseinandersetzen. Denn die Sprache spiegelt die Identität und Haltung eines Unternehmens wider. Die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache wird daher immer mehr auch zu einem Imagefaktor. Überall dort, wo also über Menschen gesprochen beziehungsweise geschrieben wird – beispielsweise in Pressemitteilungen, Publikationen oder auf der Webseite – können Unternehmen klare Regeln etablieren, in welcher Form dies geschieht. Ein diskriminierungsfreies Wording vermittelt Werte für ein besseres Miteinander, drückt Wertschätzung aus und unterstützt einen modernen Unternehmensauftritt. Für das Recruiting als auch für die Bindung von Talenten sollten Unternehmen signalisieren, dass Diversity in der Unternehmenskultur gelebte Realität ist und ganzheitlich umgesetzt wird.
Unterschiedliche Arten des Gendern
- Eine der häufigsten Hemmschwellen beim Einsatz der gendergerechten Sprache ist die Befürchtung, dass die Texte unleserlich werden aufgrund von sperrigen Formulierungen. In der Praxis sind diese Sorgen in der Regel jedoch unbegründet. Der Duden führt unterschiedliche Möglichkeiten auf, wie geschlechtergerechte Sprache ausgestaltet werden kann:
Das Binnen-I (zum Beispiel MitarbeiterInnen): Diese Schreibweise macht zwar Frauen sichtbar, schließt jedoch nicht-binäre Personen aus. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband merkt zudem an, dass es beim Vorlesen und bei der Darstellung in Blindenschrift Probleme gibt. - Die Gender-Gap (zum Beispiel Mitarbeiter_innen): Die Lücke schiebt sich zwischen die männliche und weibliche Flexionsendung und schafft somit Platz für weitere Geschlechteridentitäten.
- Der Gender-Doppelpunkt (zum Beispiel Mitarbeiter:innen): Das Schriftzeichen ersetzt den Schrägstrich (zum Beispiel Mitarbeiter/innen). Diese Variante ist gut lesbar, jedoch kann sie auch für Verwirrung sorgen, da der Doppelpunkt auch ein häufig verwendetes Satzzeichen ist. Kritisch wird zudem angemerkt, dass der Doppelpunkt zu wenig auffallend sei, denn Gendern soll ja den Wandel deutlich aufzeigen.
- Der Gender-Stern (zum Beispiel Mitarbeiter*innen): Dieser soll neben Frauen vor allem auch Personen einbeziehen, die sich in einem zweigeschlechtlichen System nicht wiederfinden.
- Neutrale Formen: Das können Partizipialkonstruktionen sein, zum Beispiel Mitarbeitende. Zudem kann man auch geschlechtsabstrakte Personenbezeichnungen wie beispielsweise Fachkräfte, Beschäftigte und Team nutzen. Auch Umformulierungen sind möglich – etwa mithilfe eines Adjektivs: Statt Kritiker heißt es dann kritische Stimmen. Auch die Verwendung von Relativsätzen kann eine Lösung darstellen, zum Beispiel: „Wer das System nutzt, profitiert von…“ anstatt Nutzer.
Sich für eine der unterschiedlichen Arten zu entscheiden – und dieses dann auch konsequent umzusetzen – ist kein einfacher Prozess, sondern eher eine längere Bergtour. Denn letztlich betrifft das nicht nur die Website, sondern auch alle Geschäftsunterlagen, wie Anschreiben, Angebote und Meeting-Notizen, aber auch Vertragsentwürfe, Präsentationen und dergleichen. Das ist nichts, was man zwischen Tür und Angel entscheiden kann. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Geschäftsführung und auch die Führungskräfte hinter der Entscheidung für die Einführung einer gendergerechten Sprache stehen. Im kompletten Unternehmen sollte ein Bewusstsein für das Gendern geschaffen werden. Wir unterstützen Unternehmen gerne bei diesem Prozess und begleiten sie auf dem Weg, unter anderem beispielsweise mit Tutorials, Workshops oder Beispieltexten.
Keine Entscheidung – keine Probleme?
Viele Unternehmen verwenden nach wie vor das generische Maskulinum und die Gründe hierfür sind vielfältig, zumeist jedoch haben sich wohl die meisten noch keine intensiven Gedanken zu dem Thema gemacht. Auch wenn sie damit derzeit noch der Mehrheit angehören, bedeutet das nicht, dass dies von der Außenwelt nicht wahrgenommen wird. Wer langfristig alle Mitmenschen ansprechen möchte, sollte gendergerechte Sprache als Teil der Unternehmenskultur leben, denn Inklusion und Diversität wird auch mit der Sprache ausgedrückt.
„Der Weg ist das Ziel“ sollte daher das konfuzius’sche Motto für Unternehmen sein: sich einfach auf den Weg machen und darüber nachdenken, was für einen Stellenwert gendergerechte Sprache im eigenen Unternehmen einnehmen und welche Chancen sich langfristig ergeben können. Meine Kolleginnen Heike („Wie handhabt Ihr es mit dem Gendern„) und Isabella („Die fröhlich’schen Videocall-Regeln„) haben sich auch auf ihren Weg gemacht und sich mit dem Thema gendergerechter Sprache bei BerkeleyPR bereits an anderer Stelle im Blog geäußert bzw. einfach mal mit Sprache experimentiert.
Titelbild: pixabay.com