Digitale PR
In der PR gewinnt, wer den besseren Rahmen setzt – Warum Kontext wichtiger ist als Botschaft
Ein starker Frame entsteht vor allem dann, wenn er unbewusst wahrgenommen wird. Wenig verblüffend also, dass die Bedeutung des Framings von vielen unterschätzt wird. Warum es sinnvoll ist, sich einmal tiefer mit der Thematik auseinanderzusetzen – und im PR-Alltag stets im Hinterkopf zu behalten.
Framing – Was bedeutet das eigentlich?
Der Begriff „Framing“ begegnet uns immer häufiger in der Medienwelt und die meisten können auch ungefähr einordnen, was damit gemeint ist. Um die Technik aber gezielt einzusetzen, ist es wichtig, eine genaue Vorstellung davon zu bekommen. Die deutsche Übersetzung „Rahmung“ ist bereits eine ziemlich treffende Beschreibung, da es darum geht, wie eine Botschaft übermittelt wird – in welchem Rahmen wir sie also vorfinden.
Ein Erklärungsansatz für dieses Phänomen ist die Annahme, dass Menschen zu Komplexitätsreduktionen tendieren, um sich trotz der täglichen Informationsflut zurechtzufinden und ihrer Umwelt Sinn und Ordnung zuzuweisen. Das erklärt, warum wir komplexe Themen auf einzelne Teilaspekte herunterbrechen, diese nach individuellen Gesichtspunkten bewerten und uns entweder eine positive oder negative Meinung bilden. Das ist in großem Maße davon abhängig, in welchem Kontext wir von einem Thema erfahren und für wie vertrauenswürdig wir die Person oder das Medium halten, von der wir die Information hören.
Beispiele aus Wirtschaft, Politik und Medien
Ein bekanntes Beispiel aus der PR: Wenn in Pressemitteilungen oder Fachbeiträgen von Schwierigkeiten die Rede ist, ist stets das Wort „Herausforderungen“ gegenüber „Problemen“ vorzuziehen. Obwohl über dasselbe Thema geredet wird, ändert sich die Botschaft je nach Kontext:
Der Fachkräftemangel ist eine zentrale Herausforderung, die kreative Lösungen und neue Bildungsstrategien erfordert. (=positiv, lösungsorientiert)
Der Fachkräftemangel ist ein ernstes Problem, das den Arbeitsmarkt zunehmend belastet. (=negativ, problemzentriert)
Fachkräftemangel ist eine komplexe Thematik mit einer Vielzahl an Ursachen mit einer mindestens genauso großen Menge an Lösungsvorschlägen, diesem zu begegnen. Dennoch ordnen wir den Begriff unterschiedlich ein, wenn von einer Herausforderung oder von einem Problem die Rede ist. Ähnlich verhält es sich, wenn Künstliche Intelligenz (KI) als Assistent oder Jobersatz geframet wird. Microsoft nennt seine KI-Dienste daher nicht ohne Grund „Copilot“. Denn auch, wenn KI einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Arbeitsmarkt hat, macht es für Unternehmen Sinn, neue KI-Tools als Erleichterung für den Alltag zu bewerben.
Ein weiteres Beispiel aus der IT-Sicherheit ist das Konzept der Zero-Trust-Architektur (ZTA), das ein Misstrauen gegenüber externen, aber auch internen Akteuren zugrunde legt. Das lässt sich sowohl positiv konnotieren, indem das größte Maß an Sicherheit durch die ZTA gewährleistet wird oder aber auch negativ, indem ein fehlendes Vertrauen in Mitarbeiter oder Partner nahegelegt wird.
Wie ein Frame besonders wirkungsvoll ist
Wie bereits am Anfang des Textes erwähnt, ist ein Frame besonders wirksam, wenn er unbewusst wahrgenommen wird. Dazu gehören auf strategischer Ebene neben dem richtigen Wording die Kriterien Wiederholung und Beiläufigkeit. Siemens verwendet beispielsweise konsequent den Begriff „Digital Industries“, um sich als Vorreiter in der digitalen Produktion zu platzieren. Das Fraunhofer-Institut bringt den Ausdruck „Industrie 4.0“ häufig in Pressemitteilungen ein, während Volkswagen die Phrase „Way to Zero“ nutzt, um sich als Treiber zur CO2-neutralen Mobilität zu etablieren.
Viele Unternehmen verfügen daher über eine sogenannte Schreibfibel, in der Formulierungen und Phrasen festgehalten werden, die in der externen Unternehmenskommunikation anzuwenden sind. Dadurch wird gewährleistet, dass die Zielgruppe bestimmte Eigenschaften mit einem Unternehmen verbindet, da sie regelmäßig in Pressemitteilungen oder Artikeln aufgegriffen werden. Das Framing geschieht dadurch beiläufig und vermeidet Widerstand, da es beim Leser nicht als Meinung, sondern als selbstverständliche Haltung aufgenommen wird.
Checkliste – Starke vs. schwache Frames
Für uns als PR-Agentur ist die Einbettung von Informationen in den passenden Deutungsrahmen täglicher Bestandteil unserer Arbeit. Um die wesentlichen Aspekte noch einmal in Erinnerung zu rufen, habe ich eine Checkliste mit Merkmalen und Beispielen eines starken Frames erstellt – inklusive Formulierungen, die es zu vermeiden gilt.
Starke vs. schwache Frames:
- Einfach und klar vs. abstrakt und technisch
stark: „Digitalisierungsschub für den Mittelstand“
schwach: „Optimierung modularer Plattformprozesse durch digitale Schnittstellensynergien“ - Emotional anschlussfähig vs. emotional leer
stark: „KI, die für den Menschen denkt – nicht über ihn“
schwach: „Künstliche Entscheidungslogik zur Skalierung administrativer Routineaufgaben“ - Wiedererkennbar und präzise vs. schwer verständlich
stark: „Industrie 4.0 beginnt in Ihrem Werk“
schwach: „Digitale Industrieperspektiven zur Produktionsprozessexzellenz“ - Zielgerichtet vs. beliebig
stark: „Unser Weg zur emissionsfreien Mobilität“
schwach: „Wir setzen auf neue Antriebskonzepte“ - Deutungsprägend vs. nichtssagend
stark: „Digitale Resilienz statt digitalen Stillstands“
schwach: „IT-basierte Erhöhung betrieblicher Reaktionsfähigkeit“ - Glaubwürdig vs. erklärungsbedürftig
stark: „Technologie, die Leben erleichtert“
schwach: „Systemlösungen zur Vereinfachung anwendungsspezifischer Handlungsoptionen“ - Wiederholt und beiläufig vs. willkürlich und inkonsistent
stark: Ausdruck „Lebenslang lernen“ wiederholt und gezielt in Pressetexten aufgreifen
schwach: sperrige Phrasen wie „Dynamische Kompetenzentwicklung zur kontinuierlichen Horizontanpassung“ willkürlich in Pressetexten anwenden
Titelbild: erstellt mit ChatGPT