Storytelling

Storytelling zu Weihnachten: „Yippie Ya Yeah, Knusperente!“

Written by Aline Eichhorn

20 Dezember 2019

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Seit November ist es nun schon wieder so weit: Weihnachtsspots bestimmen die TV-Reklameblöcke. Gute Weihnachtswerbung zahlt sich aus, denn im Herbst beginnt für den Einzelhandel die bedeutendste Zeit des Jahres. Im vierten Quartal 2016 wurden in Deutschland rund 9,7 Milliarden Euro in Werbung investiert.

So bewirbt Aldi Süd dieses Jahr seine „Weihnachtsklassiker“ im Sortiment und referenziert dabei auf Filmklassiker wie „Stirb langsam“ oder „Kevin allein zu Haus“. In alter Bruce-Willis-Manier serviert der Vater an Heiligabend sein Geflügel mit einem mehr oder weniger stimmungsvollen „Yippie Ya Yeah, Knusperente!“ (eine Hommage an Willis‘ „Yippie Ya Yeah, Schweinebacke!“) und eine Mutter vergisst den Sohn im Einkaufsstress im Supermarkt: „Kevin!“, stellt sie entsetzt fest.

Mit diesem Spot liegt Aldi immerhin auf Platz 2 vom Christmas Brand Monitor, einer speziellen Auswertung von Waggener Edstrom und deren Studienreihe „Brands in Motion“, über die W&V berichtet. Die Studie befragt die Konsumenten zu den Weihnachtsspots von Aldi, Douglas, Edeka, Kaufland, Lidl, Penny und Netto. Spitzenreiter ist Penny mit einem Spot, der eine Schneeballschlacht in einer Winterlandschaft zwischen Oma, Opa und ihren Enkeln zeigt. Dabei gibt’s keine Dialoge und es werden keine Produkte gezeigt. Während die Wertung des Spots in W&V positiv ist, vermissen wir die Story. Schneebälle und Engelchen im Schnee reichen uns nicht aus. Übrigens  beleuchtet auch der alte Werbehaudegen Thomas Koch in der Wirtschaftswoche die diesjährige Reihe der Weihnachtsspots vieler großer Marken kritisch und hebt einen (angeblich für 100 Pfund produzierten) Spot eines Gemischtwarenladens namens Hafod aus Wales hervor. Und tatsächlich entwickelt sich hier vor den Augen des Zuschauers eine Story: Ein kleiner, zweijähriger Dreikäsehoch steht auf, frühstückt (guckt dabei auf dem Smartphone Nachrichten?) und geht in seinen Laden. Er fegt den Laden, bedient Kunden, gibt Wechselgeld etwas tapsig zurück, packt äußerst charmant und chaotisch ein Weihnachtsgeschenk und überreicht es würdevoll. Der Tag endet mit dem Ladenschluss und einem großen Weihnachtsbaum, den der kleine Junge /Schnitt/ plötzlich als erwachsener Mann schultert. „Be a kid this Christmas“ lautet die Auflösung dieses kleinen, wunderbaren Films (mit 2,5 Millionen Aufrufen).

Screenshot aus Spot von Hafod Hardware 

Der kleine Spot ist der beste Beweis dafür, dass vor allem die Story zählt und nicht millionenschwere Etats, oscarreife Schauspieler, grandiose Regisseure, tolle Kameramänner oder traumhafte Schnitte. Wir bei Berkeley Kommunikation in München pflegen zudem neben dem dramaturgischen Storytelling, das sich eher an Filmen und Werbespots orientiert, vor allem das journalistische Storytelling. Auch beim journalistischen Storytelling geht es darum, sich in der Geschichte wiederfinden zu können. Dazu habe ich in einem früheren Blogbeitrag etwas geschrieben. Viele Pressesprecher und Kommunikatoren im B2B-Umfeld pflegen beim Storytelling den journalistischen Ansatz. Ein einziges Wort oder eine gute Head können ja bereits den Kinofilm im Kopf des Rezipienten in Gang setzen. Oder, wie mein Kollege Patrick es beschrieben hat: Eine gute Story ist wie ein Eisberg.

Titelbild: Denise Johnson on Unsplash