Storytelling

Wer, wie, was – und sonst? Helfen Coaching-Fragen beim Storytelling?

Written by Heike Hering-Haas

11 Januar 2022

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Antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden, will niemand hören. Davon wissen die meisten von uns ein Lied zu singen. Stichwort Schule – wie viel Wissen, nach dem wir nie gefragt hatten, musste unser Hirn „verdauen“, während es gleichzeitig so viele Fragen gegeben hätte, denen wir gerne nachgegangen wären… (und damit meine ich nicht nur den Schwarm aus der Oberstufe). Gut, dass die Zeiten sich geändert haben – als PR-Schaffende und Storyteller:innen ist es ja geradezu unsere heilige Pflicht, Fragen zu stellen. Zum Beispiel Fragen, wie wir sie aus dem Coaching kennen. Fragen, die neue Perspektiven eröffnen und unsere Kund:innen anregen, sich mit verschiedenen Aspekten des Business noch einmal auseinanderzusetzen und ihre Geschichte möglicherweise aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und zu erzählen.

Die harten Fakten: Was bringen Hard-Facts-Fragen?

Mit den journalistischen Grundfragen „Was? Wer? Wo? Wann? Wie? Warum?“ kommen wir beim Storytelling schon ein großes Stück weiter. Diese – ich nenne sie jetzt mal Hard-Facts-Fragen – dienen der grundsätzlichen Vermittlung von Fakten und News. Doch beim (Business-)Storytelling wollen wir den Blick weiten. Es geht darum, die Lesenden emotional abzuholen, damit sie sich wiederfinden in der Geschichte, deren Metaphern und Bilder. Und neugierig werden, um dran zu bleiben. Das Einbinden von Fakten und News widerspricht diesem Ansatz nicht – im Gegenteil, sie gehören organisch in die Story eingekleidet.

Doch wie kommt man zur guten Business-Story, die übrigens auch im Business-Umfeld – wie mein Kollege Chris Hewitt hier im Blog kurz skizziert – auf der klassischen Dramastruktur aufbaut? Hier können aus dem Coaching abgeleitete Fragetechniken weiterhelfen.

Coaching-Fragen – hier wird’s persönlich

Egal ob im Gespräch mit PR-Verantwortlichen oder Firmengründer:innen des Unternehmens: Ein offenes Ohr – also echtes Zuhören bestenfalls im Stil von Otto Scharmer, wie ich an anderer Stelle im Blog bereits erwähnt habe – ist das A und O für eine gelungene Story. Nur wer seinem Gegenüber zuhören kann, kann die Früchte seiner Fragen ernten. Nur wer versteht, aus welcher Perspektive seine Kund:innen – platt gesagt – die Welt wahrnehmen, kann mit und für sie dann auch authentische Businessgeschichten schreiben. Denn Fragen machen uns wach und öffnen den Geist – hier im Balloon-Podcast Folge 85 als Loblied an die Frage in etwas anderem Kontext schön beleuchtet.

Aus dem Coaching kennen wir verschiedene Fragen, die zur Exploration, zur Aufmerksamkeitsfokussierung oder einfach zum Nachdenken anregen. Allen gemein ist, dass sie lösungs-, ziel- und ressourcenorientiert sind. Auch „Nicht-Coaches“ können sich diese Fragetechniken in abgewandelter Form zunutze machen und zum Beispiel für die Entwicklung von Storylines nutzen.

Coaching-Fragen für’s Storytelling nutzen

Ganz nach dem Motto der Sesamstraße „Wer nicht fragt bleibt dumm“ heißt es also für uns PR-Schaffende gute Fragen zu stellen. Aus dem Coaching-Repertoire eignen sich vor allem folgende Fragetypen, allerdings im Gegensatz zum Coaching-Prozess auf die Vergangenheit gerichtet. Es geht darum, ein möglichst umfassendes, persönliches Bild zu bekommen:

Fragen zum Ziel beim Gründungszeitpunkt oder einem bestimmten Punkt in der Firmengeschichte:

  • Wie lautete Ihr Ziel? Was wollten Sie erreichen?
  • Was wäre schlimm daran gewesen, wenn das Ziel nicht erreicht worden wäre?
  • Mit welchen Gefühlen, Sorgen, Ängsten war der Gedanke an das Ziel verbunden?
  • Lag das Erreichen des Zieles in der eigenen Hand oder welche Einflüsse mussten beachtet werden?
  • Was musste konkret getan werden, um das Ziel zu erreichen? Welche Hindernisse gab es zu überwinden?
  • Welche Mittel gab es, um das Ziel zu erreichen (Know-how, Unterstützende, Geld, Zeit, Fähigkeiten, Motivation)?

Fragen zum inneren Zustand der Beteiligten > so wird die Story menschlicher

  • Gab es einen Moment / eine Situation, in der das Projekt zu scheitern drohte? Wie ging es Ihnen da? Wie haben Sie reagiert?
  • Was haben Sie Neues ausprobiert und gelernt?
  • Welche überraschenden Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
  • Was hätten Sie lieber anders gemacht?
  • Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie glücklich oder zufrieden waren Sie mit dieser Entscheidung/ dem Projekt?
  • Was war das Schlimmste, was passieren hätte können? (Und was war das Schlimmste, was eingetreten ist?)

Fragen zur Perspektiverweiterung und Beteiligung anderer (Widersacher und Helfer:Innen!)

  • Wie schätzten Sie die Reaktion der Kundschaft ein?
  • Wie haben andere das Projekt oder den Plan eingeschätzt?
  • Gab es Zauderer:innen? Gab es Unterstützende?
  • Was hätte geschehen müssen, um Sie von Ihrem Plan abzuhalten?

Je besser wir die „weichen“ Umstände, die Probleme und Sorgen kennen und in die Story an passender Stelle einbauen, desto fesselnder wird die Geschichte, desto größer das menschliche Interesse und der Wunsch, weiter zu lesen. Noch Fragen? Fragen!

Titelbild: Mark König on Unsplash